Erinnerungsorte an bedeutende Frauen

Von Ralf Leonhard

Lonelyplanet: In her Footsteps. Reisen zu außergewöhnlichen Frauen
Verlag Mairdumont, Ostfildern, 2021. 288 Seiten, Euro 24,90

„Die Menschheitsgeschichte ist gespickt mit Namen von Männern, über die man mühelos etwas erfährt und an die unzählige Monumente erinnern. Im Unterschied dazu sind Orte, die durch weibliche Errungenschaften bedeutsam wurden, weniger leicht aufzuspüren.“ So beginnt die Einleitung des Buches, das genau diese Lücke schließen will. Es erzählt in um die 300 Miniaturen die Geschichte von bedeutsamen Frauen, an die selten Denkmäler, häufiger Gebäude, in manchen Fällen kleine Museen oder Gedenkräume erinnern. Viele Namen sind geläufig, wie der von Billie Holiday, Mary Shelley oder Peggy Guggenheim, andere nur einem kleinen Kreis von Insidern vertraut. Sie werden eingeteilt in Aktivistinnen, Künstlerinnen, Pionierinnen (das längste Kapitel) und Ikonen. Zu jedem auf wenige Absätze reduzierten Text gibt es ein Foto des Ortes, manchmal dazu ein Portrait der Frau.

Lateinamerikanerinnen sind prominent vertreten. Der Band beginnt mit Policarpa Salavarrieta, besser bekannt als La Pola, die 1817 in Kolumbien im Alter von nur 22 Jahren wegen ihrer Beteiligung am Unabhängigkeitskampf gegen Spanien füsiliert wurde. Ihr Grab findet sich im Konvent von San Agustín in Bogotá. Weniger jung starb Juana Azurduy, die im Kampf für ein freies Bolivien als Scharfschützin ihre Frau stand. In der Casa de la Libertad in der Hauptstadt Sucre wird ihr ein Raum gewidmet. In der Altstadt der ecuadorianischen Hauptstadt Quito erinnert ein Museum an Manuela Sáenz, die ihrem Geliebten, dem Befreiungshelden Simón Bolívar, einst das Leben rettete. Sie gilt auch als Vorreiterin der Frauenrechte in Lateinamerika.

Weltweit bekannt sind die Mütter von der Plaza de Mayo in Buenos Aires, die Jahrelang vor dem Präsidentenpalast Aufklärung über das Schicksal ihrer von der Militärdiktatur ermordeten Kinder forderten. In der argentinischen Hauptstadt erinnert auch eine Straße an die Frauenrechtlerin Alicia Moreau de Justo (1885-1986).

Die Erinnerung an die honduranische Umweltaktivistin Berta Cáceres, 2016 von gedungenen Killern ermordet, ist nicht nur in Honduras noch sehr präsent. Das Staudammprojekt, gegen das sie jahrelang im Namen ihrer indigenen Lenca-Gemeinde ankämpfte, konnte dank ihres Einsatzes nicht verwirklicht werden. Die Menschenrechtsaktivistin Rigoberta Menchú vom Volk der Maya Quiché in Guatemala erhielt 1992 den Friedensnobelpreis. Die Medaille wird aber nicht in ihrem Heimatland oder einer Maya-Stätte ausgestellt, sondern in den Ruinen des aztekischen Haupttempels in Mexiko-Stadt, wo sie lebt. Die feministische Pionierin Elvia Carrillo Puerto, genannt die Rote Nonne, gründete 1912 das erste feministische Bündnis in Mexiko. Noch bevor sie das Frauenwahlrecht 1953 erstreiten konnte, wurde sie mehrmals in den Kongress gewählt, durfte ihren Sitz aber nicht einnehmen. An die Schwestern Mirabal, die in der Dominikanischen Republik gegen die groteske Diktatur des Rafael Leónidas Trujillo kämpften, erinnert ein Museum. Die drei Schwestern wurden 1960 vom Regime ermordet.

Das Frida-Kahlo-Museum im Stadtteil Coyoacán zählt zu den Highlights eines Besuchs der mexikanischen Hauptstadt. An die chilenische Dichterin und Literaturnobelpreisträgerin Gabriela Mistral erinnert ein Museum in ihrem Elternhaus im Andendorf Montegrande.

Unter den Pionierinnen muss man lange suchen: Da findet sich nur Evita Perón.

Ganz wird das Buch seinem Anspruch nicht gerecht. Die Information über die gewürdigten Frauen ist in vielen Fällen so spärlich, dass sie ihrer Bedeutung nicht gerecht wird. Und die Erinnerungsorte scheinen oft an den Haaren herbeigezogen. Aber das beweist vielleicht die Grundthese, dass die Erinnerungskultur Frauen meist übergeht.